Prellbock Altona zum Koalitionsvertrag

vom 29.11.2021, Pressemitteilung der Bürgerinitiative Prellbock Altona e.V.
zum Abschnitt Mobilität im Koalitionsvertrag: Richtungsweisende Ankündigungen neben Worthülsen

Positiv sind folgende Kernaussagen im Koalitionsvertrag zu bewerten:

  • Die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur müssen weiter erhöht und langfristig abgesichert werden.
  • Dabei wollen wir erheblich mehr in die Schiene als in die Straße investieren, um prioritär Projekte eines Deutschlandtaktes umzusetzen.
  • Wir streben einen neuen Infrastrukturkonsens bei den Bundesverkehrs-wegen an. Dazu werden wir einen Dialogprozess mit Verkehrs-, Umwelt-, Wirtschafts- und Verbraucherschutzverbänden starten.
  • Wir werden den Masterplan Schienenverkehr weiterentwickeln und
    • den Schienengüterverkehr bis 2030 auf 25% steigern und
    • die Verkehrsleistung im Personenverkehr verdoppeln.
  • Den Zielfahrplan eines Deutschlandtaktes und die Infrastrukturkapazität werden wir auf diese Ziele ausrichten. Wir werden die Umsetzung eines Deutschlandtaktes infrastrukturell, finanziell, organisatorisch absichern.
  • Wir werden mehr Oberzentren an den Fernverkehr anbinden.
  • Grenzüberschreitenden (Eisenbahn-)Verkehr wollen wir stärken und
  • mit der EU sowie ihren Mitgliedstaaten Nachtzugangebote aufbauen.
  • Bis 2030 wollen wir 75% des Schienennetzes elektrifizieren.
  • Wir werden ein Programm „Schnelle Kapazitätserweiterung“ auflegen, Barrierefreiheit und Lärmschutz verbessern, Bahnhofsprogramme bündeln und stärken, das Streckennetz erweitern, Strecken reaktivieren und Stilllegungen vermeiden und eine Beschleunigungskommission Schiene einsetzen.
  • Wir werden die Deutsche Bahn AG als integrierten Konzern im öffentlichen Eigentum erhalten und (ganz wichtig):
  • Die Infrastruktureinheiten der Deutschen Bahn AG werden innerhalb des Konzerns zu einer neuen, gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte zusammengelegt. Gewinne aus dem Betrieb der Infrastruktur verbleiben zukünftig in der neuen Infrastruktureinheit. Und last but not least:
  • Wir wollen die Investitionsmittel für die DB Infrastruktur erhöhen.

Insgesamt eine beeindruckende Liste strukturell sinnvoller Forderungen. Aber leider sind viele dieser Ziele nur vage Absichtserklärungen, interpretationsfähig formuliert und nicht mit Umsetzungsdaten und erforderlichen Finanzierungsmitteln unterlegt. Aber die Ziele sind gesetzt und es ist jetzt Aufgabe der Politik vor Ort und der Initiativen, die Umsetzung auch einzufordern. Interessant ist auch, dass die Forderungen der Grünen „Kein weiterer Autobahnneubau“ komplett unter den Tisch gefallen ist.

Prellbock-Altona begrüßt ausdrücklich das Bekenntnis der Ampelkoalition zu einem Dialogprozess und einer Verständigung über die Prioritäten der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes. Allerdings muss sich hier erst zeigen, ob dies auch ein echter Dialog auf Augenhöhe ist. Dies ist zweifelhaft, weil mehrfach über Planungsbeschleunigung geredet wird, was in Praxis nichts anderes bedeutet als ein Abbau von demokratischen Anhörungs- und Beteiligungsverfahren und im schlimmsten Fall der Einsatz von Polizeiknüppeln zur Durchsetzung von umstrittenen Großprojekten wie Stuttgart 21.
Prellbock wird einen offenen, ehrlichen und ernsten Dialog einfordern.

Für Hamburg muss aus den Koalitionsvereinbarungen konkret folgen:

  • Es muss schnellstens ein Masterplan Schiene für Hamburg erarbeitet werden, der u.a. folgende Punkte berücksichtigt:
  1. Das Projekt Diebsteich muss komplett auf den Prüfstand, denn für den Deutschlandtakt und die Verdoppelung der Verkehrsleistung im Personenverkehr ist der Bahnhof, so wie derzeit geplant, schlicht zu klein.
  2. Der Verbindungsbahnentlastungstunnel, bisher als Voraussetzung für den Deutschlandtakt genannt, verlangt eine komplette Neuplanung des Diebsteich-Projektes mit einem erforderlichen viergleisigen S-Bahnhof.
  3. Der Bahnhof Altona mit seiner Autoreisezuganlage muss modernisiert und als Ausgangs- und Zielpunkt für die europäischen Nachtzugverkehre ausgebaut werden.
  4. Eine Erweiterung des Streckennetzes heißt für Hamburg:
  • umgehende Inangriffnahme des Projekts S32, einer S-Bahn-verbindung von Diebsteich über die Science City nach Lurup/Osdorf, und Schenefeld,
  • Bau einer zweiten Eisenbahn-Elbquerung entlang der A7 von Harburg nach Altona,
  • Ausbau der Güterumgehungsbahn zu einem zweigleisigen S-Bahn-Ring sowie
  • Viergleisiger Ausbau zwischen Pinneberg und Elmshorn; Ausbau von Elmshorn zu einem Knotenbahnhof im Deutschlandtakt zum Umsteigen in Richtung Westerland/Kiel/Flensburg nordgehend bzw. Altona/Hauptbahnhof südgehend,
  • Reaktivierung der Bahnstrecke von Bergedorf nach Geesthacht.

Und last but not least heißt das für den Autobahnbau im Raum Hamburg:

  • Kein Bau der A26 Ost, keine Erweiterung der A23 auf sechs Spuren.

Dazu Michael Jung, Sprecher von Prellbock Altona e.V.: „Angesichts des unsicheren Finanzrahmens und einem der Schuldenbremse verpflichteten FDP-Finanzministers ist die Umsetzung der vorgenannten Projekte bis 2030 sehr ambitioniert. Es besteht die Gefahr, dass es nur wieder bei Absichtserklärungen bleibt. Ein FDP Verkehrsminister muss jetzt unter Beweis stellen, dass er mehr kann, als nur „freie Fahrt für freie Bürger“ zu fordern.

Michael Jung
Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Altona e.V.
Für starken Umwelt- und Klimaschutz
Verkehrswende – starke Schiene für Hamburg
Für mehr Fahrgastkomfort mitten in der Stadt
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