Prellbock-Altona, 11.12.2020:
Finanzierungslücke schon vor erstem Spatenstich bei mehr als 300 Mio. Euro
Die Beantwortung einer kleinen parlamentarischen Anfrage (Nr. 564) von Sabine Leidig MdB, Mitglied des Bundestagsverkehrsausschusses, zur Finanzierung des Bahnhofsbaus am Diebsteich aus den Bundesmitteln der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) offenbart die finanziellen Risiken des Diebsteich-Projektes für die Deutsche Bahn:
In der Antwort von Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, wird bestätigt, dass die LuFV-Mittel für das Diebsteich-Projekt auf 250,7 Mio. Euro gedeckelt sind. Dieser Betrag entspricht den wie immer gerechneten Kosten einer Sanierung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona an Ort und Stelle.
Die Deutsche Bahn gibt seit 2013 konstant die Kosten für das Diebsteich-Projekt (nur bahnseitige Baumaßnahmen, ohne Bahnhofsgebäude) mit 360 Mio. Euro an. Dabei musste der hochrangige Vertreter der DB bei der Anhörung im Verkehrsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft am 22.10.2020 zugeben, dass (siehe Wortprotokoll 22/2 der Sitzung; S. 20) „in den 360 Mio. Euro die Kostensteigerungen von 5-7% pro Jahr, die wir in den letzten sieben Jahren gesehen haben, nicht eingerechnet sind“. Das summiert sich zu einer Kostensteigerung von 60% seit 2013!!! Das heißt: Aus den 360 Mio. Euro, die noch nicht einmal auf realistischen Angeboten, sondern nur auf Schätzungen der DB nach dem sog. Kostenkennwertkatalog beruhten, werden satte 576 Mio. Euro!!!
Und darin sind noch nicht einmal die Mehrkosten für die 18 zusätzlichen Weichen (das sind 30% mehr als in den ursprünglichen Plänen für Diebsteich) eingerechnet, die die DB gemäß dem Verständigungspapier zwischen Stadt, Bahn und VCD einbauen muss. Die Mehrkosten hierfür sind mit mindestens 50 Mio. Euro zu veranschlagen.
Nach den Aussagen von Finanzsenator Dressel in der Bürgerschaft sind alle Bahnbaumaßnahmen durch den Bund und die DB zu tragen. Das heißt: Bei einer Deckelung der Bundesmittel auf 250,7 Mio. Euro beträgt schon vor dem ersten Spatenstich das Kostenrisiko für die DB aus diesem Projekt mehr als 300 Mio. Euro. Völlig unklar ist, wie die DB dies, angesichts eines erwarteten Jahresverlustes von 5,9 Mrd. Euro in 2020, überhaupt finanzieren will. Droht Hamburg hier ein Stuttgart 21 im Kleinformat?
Hamburg alleine erwachsen aus dem Diebsteich-Projekt Kosten von rund 250 Mio. Euro. Diese setzen sich zusammen aus den Zahlungen für die Grundstücke an die Bahn (38,8 Mio. Euro), die Kosten für den Abriss der Altanlagen und die Bodendekontaminierung (geschätzt 100-120 Mio. Euro) und den Bau des Bahnhofsgebäudes. Denn es ist absehbar, dass der Investor angesichts der stark abgekühlten Konjunktur für Büro und Hotelbauten dafür höchstwahrscheinlich keine Finanzierung bekommen wird. Da Hamburg die Verpflichtung hat, bei einem Ausfall des Investors in die Verträge einzutreten, muss Hamburg voraussichtlich auch die Baukosten für die beiden Hochhaustürme in Höhe von 120 Mio. Euro stemmen. Macht zusammen 220 bis 250 Mio. Euro. Aber die Hamburger Haushaltskassen sind post Corona auch leer.
Dazu Michael Jung, Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Altona:
„Durch die jetzt bekannt gewordene Deckelung der Bundesmittel für Diebsteich zeigt sich, dass das Projekt von vornherein falsch kalkuliert wurde und nicht seriös finanziert ist. Ein Einsatz der Bundesmittel für die Sanierung der Bestandsanlagen ist nicht nur viel klimafreundlicher, weil weniger Beton verbaut wird, sondern auch schneller umzusetzen. Eine rasche Modernisierung der Bahnhofsanlagen in Altona ist auch das vorrangige Interesse der Fahrgäste.
Da abgesehen von Baumfällungen noch nicht mit den Hauptbaumaßnahmen begonnen wurde, fordert Prellbock Altona:
- Sofortige Offenlegung eines Kosten und Finanzierungszeitplanes für die gesamte Bauzeit des Diebsteich-Projektes
- Einstellung der Bauarbeiten – noch ist es nicht zu spät!
- Sanierung des bestehenden Regional- und Fernbahnhofes Altona mit den vorhandenen Bundesmitteln
- Modernisierung des S-Bahnhofes Diebsteich und Ausbau zu einem viergleisigen S-Bahnknoten für eine künftig zu bauende S32 zur Science City, Lurup/Osdorf und Schenefeld
Unser Bahnhof bleibt, wo er ist!
Modernisierung an Ort und Stelle, jetzt!
Hamburg, den 11.12.2020
Michael Jung
Sprecher der Bürgerinitiative Prellbock Altona e.V.
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