Holsten-Areal – Spiel auf Zeit

Holsten-Areal: Ein Spiel auf Zeit
SAGA, Quantum und Adler-Gruppe zocken um das Gelände
Von Marco Carini,MOPO, 24./25.2.2024
https://www.mopo.de/hamburg/holsten-areal-in-hamburg-ein-spiel-auf-zeit/

„Wir wollen uns nicht über den Tisch ziehen lassen“: Diesen Satz hört man hinter vorgehaltener Hand aus den Reihen der SAGA und des Projektentwicklers Quantum, wenn es um die Verhandlungen mit dem insolvenzbedrohten Immobiliengiganten Adler über die Zukunft des brachliegenden Holsten-Areals geht. Adler will das ehemalige Brauerei-Gelände möglichst gewinnbringend abstoßen. Quantum und die SAGA wollen es kaufen, um es endlich mit 1200 Wohnungen zu bebauen. Doch die Verhandlungen stocken seit Monaten, weil die angeschlagene Adler-Gruppe Millionen-Gewinne einstreichen will, um sich selber zu sanieren.


„Wer sich zuerst bewegt, hat verloren“, beschreibt ein Beteiligter die Spielregeln der Verhandlungen, die zäh sind wie Kaugummi. Quantum und die SAGA wollen den Preis so drücken, dass sich Wohnungsbau auf dem Gelände überhaupt noch lohnt. Sie pokern darauf, dass die Adler-Gruppe dringend frisches Geld braucht, um eine Insolvenz abzuwenden. Doch das Damoklesschwert, das über dem Pleite-Unternehmen hängt, lässt Adler scheinbar unbeeindruckt. Der Konzern weiß, dass auch die Stadt unter Druck ist, dafür zu sorgen, dass auf dem Ruinenfeld nach jahrelangem Stillstand dringend benötigte Wohnungen gebaut werden. Alle Seiten spielen so auf Zeit.

2016 hätte die Stadt das Areal für rund 65 Millionen Euro erwerben können

Das Gelände war 2016 von der Carlsberg-Brauerei an die Düsseldorfer Gerchgroup verkauft worden. Anschließend wurde es mehrfach weiterveräußert, ohne dass gebaut wurde. Durch die Bodenspekulationen vervielfachte sich der Preis des Grundstücks. 2016 hätte die Stadt das Areal für rund 65 Millionen Euro erwerben können. Stattdessen steht es nun mit 364 Millionen Euro in den Bilanzen der Adler-Gruppe.

Die vermeidet zur Politik derzeit dabei jeden Kontakt. „Aktuell finden keine Gespräche zwischen dem Eigentümer und dem Bezirksamt statt“, räumt der Sprecher des Bezirks Altona, Mike Schlink, ein. So hält sich Adler auch darüber bedeckt, ob sie parallel noch mit anderen potenziellen Käufern verhandelt, um den Preis in die Höhe zu treiben. Und auch SAGA und Quantum halten sich aus verhandlungstaktischen Gesichtspunkten bedeckt und betonen nur: „Wir haben weiterhin Interesse an einem Ankauf des Holsten-Areals.“

„Adler ist aus unserer Sicht definitiv Geschichte“


Die Anwohner:innen-Initiative „Holsten knallt am dollsten“ nutzte nun die Hängepartie, um ihre Forderungen zu erneuern. In einer aktuellen Stellungnahme heißt es: „Adler ist aus unserer Sicht definitiv Geschichte. Dies sollte die Stadt als Chance begreifen, um eine Neuplanung des Quartiers in die Wege zu leiten und einen überarbeiteten städtebaulichen Vertrag und Bebauungsplan vorzubereiten, die sich an den Kriterien der Beschaffung bezahlbaren Wohnraums, einer klimaverträglichen Bebauung und ausreichender Grünflächen orientieren.“

Doch genau da will der Senat nicht ran. Denn mehr bezahlbarer Wohnraum statt eines großen Anteils Luxus-Wohnungen und eine aufgelockerte Bebauung mit viel Grün und Freiflächen würde viel Geld kosten, das Hamburg fehlt.

So überlässt die Stadt der SAGA die Initiative, an das Gelände zu kommen – obwohl Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) den städtischen Rückkauf des 86.000 Quadratmeter großen Geländes vergangenes Jahr ins Gespräch brachte und direkte Verhandlungen darüber mit Adler aufgenommen werden sollten.

Nun aber sollen es die SAGA und der nicht ganz unumstrittene Projektentwickler Quantum richten. „Wir haben ein großes Interesse daran, dass dieser Deal zustande kommt, und sind da auch recht zuversichtlich“, betont der Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde, André Stark.

Bislang hält die Stadt dabei an einem 2022 auf Eis gelegten städtebaulichen Vertragsentwurf plus Bebauungsplan fest, der eine verdichtete Bebauung von mindestens 1200 Wohneinheiten mit nur einem Drittel Sozialwohnungen vorsieht, während der Rest für Luxusmieten und Giganto-Kaufpreise über den Tisch gehen dürfte.

Heike Sudmann von den Linken kritisiert die aktuellen Planvorgaben

Nur „einen Bruchteil der 1200 Wohnungen von der SAGA, den Rest aber von Quantum bauen zu lassen, wird nicht dazu beitragen, dass hier Wohnungen für Gering- und Normalverdiener:innen entstehen“, kritisiert die Linken-Abgeordnete Heike Sudmann die aktuellen Planvorgaben. Aufgrund derer dürften es „mindestens 700 sauteure Wohnungen werden“.

So pokern sie alle – die Stadt, die SAGA, die Adler-Gruppe. Wie lange das Spiel noch dauert und wer am Ende als Sieger daraus hervorgeht, ist völlig offen. Der Einsatz aber ist hoch: Es geht um die Zukunft eines Stadtteils und die Schaffung so dringend benötigter bezahlbarer Wohnungen. Wenn der rot-grüne Senat sich da verzockt, wird er bei den anstehenden Wahlen wohl die Quittung bekommen